Die Stille

Hörst du, Geliebte, ich hebe die Hände – hörst du: es rauscht… Welche Gebärde der Einsamen fände sich nicht von vielen Dingen belauscht? Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider, und auch das ist Geräusch bis zu dir. Hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder… … aber warum bist du nicht hier? Der Abdruck meiner […]

Advent

Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde wie ein Hirt, und manche Tanne ahnt, wie balde sie fromm und lichterheilig wird; und lauscht hinaus. Den weißen Wegen streckt sie die Zweige hin bereit, und wehrt dem Wind und wächst entgegen der einen Nacht der Herrlichkeit. Rainer Maria Rilke

Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, […]

Opfer

O wie blüht mein Leib aus jeder Ader duftender, seitdem ich dich erkenn; sieh, ich gehe schlanker und gerader, und du wartest nur -: wer bist du denn? Sieh: ich fühle, wie ich mich entferne, wie ich Altes, Blatt um Blatt, verlier. Nur dein Lächeln steht wie lauter Sterne über dir und bald auch über […]

Das Karussell

Jardin du Luxembourg Mit einem Dach und seinem Schatten dreht sich eine kleine Weile der Bestand von bunten Pferden, alle aus dem Land, das lange zögert, eh es untergeht. Zwar manche sind an Wagen angespannt, doch alle haben Mut in ihren Mienen; ein böser roter Löwe geht mit ihnen und dann und wann ein weißer […]

Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren laß die Winde los. Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; gieb ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süße in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, […]

Schlaflied

Einmal, wenn ich dich verlier, wirst du schlafen können, ohne daß ich wie eine Lindenkrone mich verflüstre über dir? Ohne daß ich hier wache und Worte, beinah wie Augenlider, auf deine Brüste, auf deine Glieder niederlege, auf deinen Mund. Ohne daß ich dich verschließ und dich allein mit Deinem lasse wie einen Garten mit einer […]

Liebes-Lied

Wie soll ich meine Seele halten, daß sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie hinheben über dich zu andern Dingen? Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden stillen Stelle, die nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen. Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns […]